Dienstag, 14. Dezember 2010

Alle Jahre wieder: Arbeitgeberverbände wollen den Sozialabbau

Die Handelskammer und die Handwerkskammer verstehen sich als "chambres professionnelles", also als "Handels- a Beruffschamberen", wie rtl mehr oder minder unglücklich übersetzt.

In Luxemburg sind es demnach also Unternehmer und Handwerksarbeitgeber, die die Arbeit machen. Daher beklagen sie sich darüber, dass der zu enge Unterschied zwischen Mindestlohn und RMG die Arbeitsmotivation senken würde. Sie würden, zugespitzt gesagt, lieber für ein Ehepaar das RMG zu 1.877,91€ beziehen, als dass einer des Paares zum Mindestlohn von 1.757,56€ arbeiten ginge.

Für Arbeitgeber ist dies also eine rein rechnerisch zu lösende Buchhaltungsaufgabe. Sie waren wohl nie in der lage, RMG zu beantragen, und kenne daher auch nicht in der Praxis die entsprechende Gesetze und Verfahren. Zum Beispiel, dass RMG zurückgezahlt werden muss, und dass ein arbeitsfähiger RMG-Empfänger einen Eingliederungsvertrag unterschreiben muss, ansonsten er kein Geld erhält.

Die angeblichen Berufskammern tun so, als ob Luxemburgs Arbeitgeber darauf brennen, RMG-Empfänger einzustellen, ja aus Wettbewerbsgründen auf deren Arbeitsleistungen angewiesen seien. Sie fürchten um die Arbeitsmotivation, was ein guter Chef wohl wirklich tun sollte.

Aber nicht deswegen wird das Leistungsprinzip öffentlich kompromittiert, sondern durch die Bonuszahlungen für Bankdirektoren oder goldene Handschläge für Unternehmer, nachdem sie die Unternehmen, wofür sie angeblich Verantwortung getragen haben, abgewirtschaftet haben. Das sind "Automatismen", die keinerlei gesetzliche Grundlage haben (im Gegensatz zum parlamentarisch beschlossenen RMG-Gesetz), sondern nur die Machtgrundlage derjenigen, die an der Quelle sitzen und sich selbst bedienen können, ohne dass sie jemand daran hindern kann.

Handels- a Beruffschamberen: Aarbecht gëtt devaloriséiert. rtl, 13.12.2010.

Relèvement du SSM et du RMG au 1er janvier 2011: opposition formelle des Chambres professionnelles. paperjam, 13.12.2010.

Zu der Korrelation von Bonuszahlungen und ökonomischer Performanz siehe
William Wright: The inconvenient truth about bonuses. The New York Times, 13. Dezember 2010.

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