Freitag, 8. April 2011

Atomstrom


"Nach Auffassung der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW droht nach Fukushima erneut, dass Lügen und Desinformationskampagnen rationale Entscheidungen in der Energiepolitik verhindern.

"Anstelle eines diffusen Meinungsstreits mit neuen wissenschaftlichen Studien brauchen wir jetzt den ungetrübten Blick auf einfache energiewirtschaftliche Sachverhalte", so IPPNW-Experte Henrik Paulitz."

Die penetrantesten Lügen der energiepolitischen Debatte.
IPPNW-Pressemitteilung vom 7.4.2011.

Luxemburger unter sich



Luxemburg ist wie andere EU-Mitgliedstaaten von der Wirtschaftskrise, der politischen Krise der EU sowie der Atomkatastrophe mitbetroffen. Freilich derzeit noch nicht ganz so schlimm.

Dennoch sind in Luxemburgs Regierungspolitik Anzeichen zu erkennen, dass Politikoptionen der Vergangenheit und deren ideologische Verbrämungen ausrangiert werden. Notfalls muss hierfür noch stets der Verweis auf den Politikwandel im Ausland genügen. Hier macht sich offenkundig, dass die Krise von den Herrschenden genutzt wird, den Druck auf die breiten Schichten der Bevölkerung noch weiter zu erhöhen. Ideologisch ausgedrückt wird dies durch die "Erpressung mit der einzigen Alternative" (Ausdruck von Leszek Kolakowski). Luxemburgs gesellschaftspolitische Strukturen und Besonderheiten sollen unter Druck von EU, OECD und deutscher Zentral- und Privatbankiers dem neoliberal definierten Deutschland-Modell angeglichen werden (Kostenbremse, HartzIV, Rentenkürzung, Flexibiliserung, Privatisierung, usw.).

In Luxemburgs Wirtschafts- und Sozialpolitik wird der Kurs auf einen "Sozialnationalismus" unverkennbar, den man auf dem Gebiet des Kindergelds und der Studienförderung feststellen kann. Man kann diesen "Sozialnationalismus" teilweise als Reaktion auf ähnliche Maßnahmen der Nachbarstaaten zu begründen suchen, etwa auf die Steuerfahndungsmethoden der deutschen Finanzbehörden. Das macht die Sache an und für sich nicht besser. Denn im Zeichen der neoliberalen Ellbogen-Mentalität werden nicht nur die verbliebenen demokratischen Strukturen der Nationalstaaten aufgelöst; nun sind auch die EU-Grundsätze wie die "Freizügigkeit der Arbeitnehmer" in Gefahr. Letzteres ist nichts weiter als ein liberales Marktprinzip; es gibt jedoch zu denken, dass gerade liberale Parteien mit diesem Prinzip immer mehr populistisches Schindluder treiben. Man sieht, dass liberale Ansichten niemand daran hindern, den Ast abzusägen, auf dem er sitzt. Für viele heißt "Liberalismus" ja nichts weiter als freies Spiel für den eigenen Egoismus; die Kosten dafür tragen bitte sehr die anderen d. h. die Allgemeinheit. Das erscheint einem Egoisten auch völlig logisch: Je mehr man die Allgemeinheit für das eigene Interesse in Anspruch nimmt, desto mehr muss man andere von dieser Allgemeinheit ausschließen. Das Leben ist schließlich ein Nullsummenspiel (?!).

Dem neuen Ton in der Politik, nämlich dass der Sozialnationalismus immer stärker öffentlichkeitsfähig wird, entspricht die Tatsache, dass die "Rede zur Nation" in einem Lande, das wirtschaftlich stark von der Arbeit von ansässigen Ausländern und Grenzgängern abhängt, diese politisch nichtexistenten, also in dieser Hinsicht Unpersonen gar nicht weiter erwähnt oder vielleicht angesprochen werden - ein Usus aus vergangenen Zeiten, der nicht mehr in eine Jetztzeit passt, wo es zuerst die eigene Haut zu retten gilt, die hier wie überall allemal näher als das Hemd ist.

Die Gewerkschaft OGBL hat dies moniert, weil sie sich als Interessenvertretung aller versteht, die in Luxemburg arbeiten. Sie bereitet sich in den kommenden Monaten auf einen heißen Kampf vor.

Déclaration du gouvernement sur la situation économique, sociale et financière du pays 2011. 06.04.2011.
Der Text der Rede ist in luxemburgischer Sprache veröffentlicht.

(R. Schneider/Tageblatt.lu), Regierung betreibt die falsche Politik. Tageblatt, 8. April 2011.