Freitag, 25. April 2008

Pressefreiheit braucht einen Geheimdienst-Abwehrdienst

 



"Vor zwei Jahren sorgte der sogenannte Schäfer-Bericht für großen Wirbel. Damals war bekannt geworden, dass der BND in großem Stil Journalisten überwacht und abgeschöpft hatte. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages beauftragte daraufhin den ehemaligen Richter am Bundesgerichtshof Gerhard Schäfer, der Sache nachzugehen. Der stellte fest: Die Spitzelaktionen des BND waren ganz überwiegend rechtswidrig.

Schäfer verlangte damals, dass die Mitarbeiter des BND über die persönliche und sachliche Reichweite der Pressefreiheit aufgeklärt werden. Der Geheimdienst gelobte Besserung. Nun stellt sich heraus: Nur wenige Tage, nachdem der Schäfer-Bericht veröffentlicht worden war, fischte der BND die E-Mails der "Spiegel"-Journalistin Susanne Koelbl ab.

Das lässt nur einen Schluss zu: Pressefreiheit interessiert den BND nicht, er macht das, was er für richtig hält, ohne Rücksicht auf Verluste. Das funktioniert ja auch prima. Denn was überhaupt nicht funktioniert, ist die Kontrolle des BND und der Geheimdienste."

Pressefreiheit interessiert den BND offenbar nicht
Von Klaus Hempel, SWR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin

Der Verfassungsstaat ist geschichtlich entstanden, um die Freiheit des Bürgers vor dem Zugriff des Staates zu sichern.
Geändert hat sich an dieser grundlegenden Situation bis heute nichts.

Geheimdienste sind geheim, und deswegen weiß man angeblich nichts. Oder will oder soll nichts wissen.

Neu (oder doch nicht so neu, wenn man die Notstandsgesetzgebung nimmt oder noch weiter in der Verfassungsgeschichte zurückgeht) ist indes, dass mit dem Vorwand der Wahrung des Rechtsstaates der Rechtsstaat selber von den Herrschenden ausgehöhlt und abgebaut wird.

So haben früher die Römer ihr Imperium ausgebaut. Sie haben das feindliche Land besetzt - aber immer mit dem wohlfeilen Argument, dass sie jemand um Hilfe gebeten hätte.

Doch der Volksmund sagt schlicht: Wenn man den Bock zum Gärtner macht ....
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Donnerstag, 24. April 2008

Petitionskrieg: Sterbehilfe für die Regierung?

Sammeln Regierungsleute Unterschriften gegen das mehrheitlich beschlossene Gesetzesvorhaben der Volksvertreter?!

Sterbehilfe im Sinne des aktiven oder passiven Beendens des Lebens eines Mitmenschen auf dessen eigenes Verlangen oder Verfügung ist zu unterscheiden von Euthanasie, welche als Vernichtungsprogramm von den deutschen Nazis praktiziert wurde. Die Nazis töteten hierbei die Menschen entgegen deren Willen, was also nichts weiter als systematisch betriebener Mord darstellte.

In Luxemburg ist sich eine Mehrheit von Parlamentariern aus den verschiedensten Parteien darin einig geworden, dass in bestimmten Fällen Sterbehilfe Not tut, und dass diese heikle Frage dringend durch ein Gesetz geregelt werden müsse.

 

Nun ist mit Sicherheit diese Frage ein dringlicheres Problem als die Frage der Leihfahrräder, die immer noch im Stadtparlament als Weltanschauungs-Posse reinszeniert wird. Denn Laurent Mosar (CSV) hat ein neues Härchen in der Suppe ausgemacht. Die Zahlautomaten seien bei Bezahlung mit Kreditkarten nicht sicher. Das stellt also die neue Hamlet-Frage: Kreditkarte oder Fahrradfahren? Es ist, wie wenn man die Gesundheitsregel: Bei Trunkenheit nicht baden gehen! so auslegt, dass man künftig aufs Baden verzichten solle.

Die Initiative zu dem neuen, ernsthaften Gesetz kam mitten aus dem Parlament, was sowieso schon Seltenheitswert hat. Ansonsten werden nämlich die Gesetzesnetwürfe in schöner Regelmäßigkeit von der Regierung eingebracht, und die Regierungsmehrheit braucht dann nur noch abzunicken, wenn sie überhaupt den verzweifelten Versuch gestartet hat, dahinter zu kommen, was da gerade beschlossen worden ist. Aber man ist ja wenigstens formell gefragt worden.

Jetzt hat indessen eine Parlamentsmehrheit ein Gesetz beschlossen, das zumindest der größeren Regierungspartei zumindest so nicht in den ethischen Kram passte. Freilich hatte die Regierung zuvor erklärt, diese heikle Sache sei eine persönliche Gewissensfrage und es sei jedem Abgeordneten überlassen, wie er sich entscheide.

Nun, da ein nicht genehmes Abstimmungsergebnis herausgekommen ist, beginnt die Regierungspartei auf Zeit zu spielen. Es werden Unstimmigkeiten und sonst was gesucht. Die Ärzte erklären sich zwar als Verband mehrheitlich gegen aktive Sterbehilfe, weil sie sich in Konflikt sehen zu ihrer Berufsethik und ihr Vertrauensverhältnis zum Patienten in Gefahr sehen. Andererseits wollen sie sich einem von der Volksvertretung beschlossenen Gesetz nicht entgegenstellen, wenn nur ihre Verantwortlichkeit klar definiert wird. Sie wollen sich nicht hinterher in jedem Fall mit einem Untersuchungsgericht konfrontiert.sehen.

Was können die Gegner dieses Gesetzes machen? Sie können gegen die Volksvertretung an das Volk appellieren; man veranstaltet eine Unterschriftenaktion. Doch was die Gegner können, können die Befürworter auch. Es laufen also zurzeit zwei Unterschriftenaktionen.

Es muss kritisch hinterfragt werden, ob die Polarisierung zwischen Sterbehilfe und Palliativmedizin sachlich gerechtfertigt ist und nicht vielmehr von denjenigen als scheinbar logisch inkompatibel behauptet wird, die an der Förderung eines solchen falschen Konfliktes Interesse haben.

 
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Für Kai Haucke "hat der Hospizgedanke einer palliativen Begleitung moralisch ein Vorrecht, weil es ihm darum geht, diese Ausweglosigkeit bereits präventiv zu vermeiden. Da das nicht immer gelingt, bleibt der Suizid (ob nun allein, unterstützt oder auf Verlangen) eine ethisch relevante Option, was natürlich voraussetzt, dass die Selbsttötung eine vernünftige Handlung sein kann, d.h. nicht nur sinnvoll und nachvollziehbar ist, sondern unter bestimmten Umständen eine moralisch legitime Reaktion darstellt."

Denn gerade die moralische Diskreditierung der aktiven Sterbehilfe fügt dem Hospizgedanken Schaden zu. Denn ohne eine bedingte moralische Akzeptanz einer Tötung auf Verlangen muss die Hospizbewegung eine umfassende Kontrolle und Machbarkeit des Sterbens und Leidens proklamieren und verliert dadurch all ihre Glaubwürdigkeit.


Kai Haucke: Aktive Sterbehilfe vs. Sterbebegleitung? Anmerkungen zu einer scheinbaren Alternative
Aufklärung und Kritik 2/2007, ISSN 0945-6627
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