Mittwoch, 28. Mai 2008

Zur Lage im Allgemeinen und zu derjenigen der Nation im Besonderen

 

Ist dies nicht ein wahres Wort?! Steuern sind dazu da, den Staat zu finanzieren. Und dadurch die Aufgaben, die dieser im Allgemeininteresse zu erfüllen hat! Und ein Steuerdumping, d.h. ein Wettlauf der Staaten um den niedrigsten Steuersatz bedeutet daher auf mittlere Sicht einfach Aushungerung der Staatsfinanzen und nationaler Selbstmord!

Auf dem Wege von der Einsicht in diese Binsenwahrheit zur Umsetzung in konkreten politischen Maßnahmen ist jedoch eine Barrikade aufgetürmt, die im neoliberalen Newspeak getauft ist mit dem Euphemismus: "Wettbewerbsfähigkeit".
Im Klartext ist damit dieses Gefangenendilemma bezeichnet : Die Anwendung kollektiver Vernunft scheitert daran, dass jeder Einzelne sich gerade auf Kosten des Allgemeininteresses zu retten versucht. Die Kausalerklärung liegt auch klar auf der Hand: Diejenigen, die die größte Macht dazu hätten, die Situation zu ändern, haben daran das wenigste Interesse, weil sie vom bisherigen Lauf der Dinge immer noch am meisten zu profitieren glauben.

So muss also Luxemburg, laut der höheren Einsicht des Premiers J-C Juncker, im Steuerwettbewerb mit den anderen Staaten Europas "wettbewerbsfähig" bleiben. Das heißt praktisch: Es soll den ansässigen Unternehmen bei der Besteuerung wieder einmal Steuergeschenke verabreicht werden:

Das Droit d'Apport wurde in 2008 schon halbiert; 2009 soll es ganz abgeschafft werden.

Der Steuersatz für Unternehmen soll in zwei Etappen weiter abgesenkt werden, nicht ohne indes die Besteuerungsbasis dort auszuweiten, wo es sinnvoll oder notwendig erscheint. Angepeilt sind hierbei 25,5%:

Laut eigenen Berechnungen des Premierministers, die er immer noch für unwiderlegt hält, ist Luxemburg während der letzten zwanzig Jahre bei der Absenkung des Steuertarifs der Inflation immer einen Schritt im Voraus gewesen.
In 2009 soll der Steuertarif erneut um 6% gesenkt werden. Praktisch heißt das: Der Steuerzahler wird dann so besteuert, als wenn er ein um 6% niedrigeres zu versteuerndes Einkommen gehabt hätte – unberücksichtigt bleibt hierbei natürlich, dass die Preissteigerung, die in der Zwischenzeit nicht zu wenig stattgefunden haben wird.
Außerdem sollen verschiedene Steuerermäßigungen (Abattements d'Impôts) erhöht werden, insbesondere diejenige für Versicherungsprämien.

Die Diskussion über eine individuelle Besteuerung soll weiter geführt werden. Eine Studie der Steuerverwaltung über die Machbarkeit derselben soll der Abgeordnetenkammer vorgelegt werden, ebenso wie eine Studie über die Einführung einer Flat-Tax (jeder Steuerpflichtige hat denselben Steuersatz; vgl. zum Beispiel Tschechien).

Das Inflationsniveau spielt im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit eine gleich wichtige Rolle, insbesondere wenn die Gehaltseinkommen per Indexierung der Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst werden.
Die von der Tripartite beschlossenen Maßnahmen bleiben in Kraft wie beschlossen. Ab dem 1. Januar 2010 tritt die Indexierung der Gehälter wie im Gesetz vorgesehen wieder voll in Anwendung.

Um die Inflation zu meistern, hat die Regierung bereits beschlossen, die staatlich verursachten Preise einzufrieren. Die Gemeinden werden eingeladen, dasselbe zu tun.

Aufgrund des derzeitigen Inflationsniveaus ist eine neue Periode der Lohnmäßigung gefordert, was nicht heißen will, dass die Gehälter eingefroren werden sollen. "Lohnmäßigung" will heißen, dass sich die Gehälter nicht schneller entwickeln sollten wie das Produktivitätswachstum.

Aus dem Munde des Premiers ist dies natürlich die alte Gebetsmühlen-Leier, die auf die gegenwärtige wirtschaftliche Lage so passt wie die Faust aufs Auge. Denn wir haben gegenwärtig keine Lohn-Preis-Spirale vorliegen, sondern einen Energiepreis-Schock. Und hierauf diese alte Leier anzuwenden, heißt praktisch nicht anderes als die unverhohlene Zumutung: dass die Gehaltsempfänger die Preiserhöhungen der Energie gefälligst aus ihrer privaten Tasche zahlen sollen.
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