Samstag, 6. September 2008

Verfluchte Technik: Lebensqualität im Ösling

Jeder normal Sterbliche kann RTL ausschalten oder seinem Apparat den Strom entziehen, so dieser Sender ihn nervt. Oder zumindest das Lokal verlassen, wo diese störende Geräuschkulisse sein Wohlbefinden beeinträchtigt.

 


Nicht können dies die Nachbarn des RTL Senders in Marnach, Dorscheid und Roder, die von RTL nicht nur in ihren Radio- und Fernsehgeräten heimgesucht werden, sondern über alle möglichen elektronischen Apparaten oder Geräten, die das alltägliche oder berufliche Leben eines Luxemburger Einwohners so begleiten.

Nicht nur E-Gitarristen, sondern auch für Menschen etwa mit einem Herzschrittmacher ist die Gegend um den RTL-Sender auf dem Schwaarzenhiwel in der Gemeinde Munshausen im Ösling ein Graus. Seit 1957 in Betrieb, durfte der Sender mit allerhöchster Genehmigung seine Sendeleistung sogar ab 2002 von 250 kW auf 1.200 kW erhöhen.

Eine Klage der Anwohner vor dem Verwaltungsgericht im Jahre 2003 hatte erreicht, dass die elektromagnetische Emissionen wenigstens gemessen werden mussten. Der von der WHO bezeichnete Grenzwert wurde zeit- und stellenweise um 269% überschritten.

Die örtliche Bürgerinitiative „Fir méi Liäwensqualitéit“ asbl wehrt sich gegen die bekannten und noch unbekannten Schäden durch die Anlage. Der Betreiber BCE hat nichts weiter zu tun, als sich bei der örtlichen Gemeindeverwaltung über das Anlegen eines Kinderspielplatzes in der Nachbarschaft der Sendeanlage zu beschweren. Der Regierung dürfte allerdings schwer fallen, einen anderen Standort für diese Sendeanlage aufzutreiben.

Josée Hansen, David et Goliath à Marnach, d’Land 22.08.2008

Hugo Habicht, RTHell-Sendeanlage Marnach : Fröhliche Wellen, den neie feierkrop 20.06.2008
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The Message is the Massage!

Nach der offiziellen Version einer Firmengeschichte folgen gewöhnlich mit geziemendem zeitlichen Abstand (Rechtsanwälte wollen befragt sein) die Dementis der Betroffenen.

Wie schon Bertolt Brecht erkannt hatte: Die einen stehen im Rampenlicht; aber die im Dunkeln, die sieht man nicht. Grundlegende Frage: Wer sind eigentlich die wirklichen Dunkelmänner?!

 

Josée Hansen hatte sich unter der Überschrift „Communautarismes à vendre“ (d’Land 15.8.2008, S. 6 und 7) aktuell wieder mit dem Thema: Mini-Berlusconis in Luxemburg befasst (vgl. dazu auch Durch Werbung finanzierte Medien in Luxemburg). Was die von Bob Hochmuth aufgekaufte Website diegrenzgaenger.lu betrifft, hat d’Land am 29.08.2008 eine Richtigstellung von Seiten Meffos abgedruckt, seit der Gründung der Website bis zu Hochmuths Machtergreifung der Autor dieser Website, die einmal den deutschen Grenzgänger gewidmet war.

Nun meldet d’Land mit Datum vom 05.09.2008, dass die zuvor berichtete Zusammenarbeit von Hochmuths Mew Media Lux mit Pol Wirtz, dessen New Media Group „352“ und „Business“ herausgibt, ebenfalls in die Binsen gegangen sei.

„Grundlegende Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung, die den Inhalten der Publikationen beigemessen werden soll, hätten zum Abbruch der Verhandlungen geführt.“ (rh)

Das ist gewiss vornehm formuliert. Wie schon Josée Hansen in ihrem Beitrag deutlich als Kernproblem erkannt hat: Content ist teuer. Es ist nun jedoch ein gewisses Vorurteil der Medienkonsumenten und der Medienmacher gleichermaßen, dass sie glauben, es komme auf den Inhalt an. Nicht die Bohne. Wie die Werbemacher von heute so klar wie konsequent durchziehen, ist die Verpackung das allein Entscheidende, oder so man will: der „gefühlte“ Inhalt. Content ist nur dazu da, um die leeren Flächen zwischen der Publicité auszufüllen. Nicht Inhalte werden publiziert, sondern die Seelenmassage des Konsumenten ist die wirkliche Botschaft der Medien.

Heutzutage, in unserer "Dienstleistungsgesellschaft", wo Service so teuer ist, dass ihn niemand sich mehr leisten kann, haben die Verbraucher endlich gelernt, sich selbst zu bedienen, im Supermarkt, an der Tankstelle oder bei der Bahn. So ist ein Internetforum auch das ideale Medium, wo sich die Leser sich endlich selbst mit Inhalten versorgen, natürlich unentgeltlich. Schließlich leben wir in einer Wissensgesellschaft, wo man sich alles leisten kann, nur nicht, zu wissen. So benennt sich halt jede Ära nach dem, was ihr (zu) teuer ist.

Das Modell Billigjournalismus oder "Synergie" (ein Allroundjobber erledigt alles so nebenbei, mit gnädiger Zuarbeit durch die ausreichend dotierten PR-Experten) ist längst schon wieder passé. Das allerneueste Geschäftsmodell ist die Website ohne jeden nennenswerten Inhalt. Wer glaubt, dass so etwas unmöglich sei, ist ein Neandertaler und nicht auf der Höhe des Internetzeitalters, wo Wissen nicht nur billig, sondern einfach umsonst zu haben ist, und noch nicht einmal selbst gedacht werden muss.

„Medien werden zunehmend von Eignern besessen, die mit Medien eigentlich nichts mehr zu tun haben. Sie kennen das Produkt von Medien so nicht – und es ist ihnen eigentlich auch egal.“
[Armin Scholl, 2007 - das Billig-Journalismus-Jahr]
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Mittwoch, 3. September 2008

Wo die Bäume nicht in den Himmel wachsen

Die Grenzen des Wachstums sind in Luxemburg auch bei den Immobilienpreisen und Mietforderungen gefunden. Ebenso für die hochfliegenden Pläne der Luxemburger Immobilienhaie.

 


Immobilienpreise, auf Basis der in Immobilienanzeigen verlangten Preise

Im 2. Quartal 2008 hat sich der Preisindex für Häuser um 1,57% verringert. Diese Tendenz nach unten ist schon ab dem 3. Quartal 2007 festzustellen.

Was Appartementspreise angeht, sinkt der geforderte Preisindex im 2. Quartal 2008 um 3,56%.

Mietforderungen für Häuser und Appartements laut Anzeigenveröffentlichung

Der Mietpreisindex für Häuser ist im 2. Quartal 2008 nur leicht gestiegen, und zwar um 0,69%. Im Gegensatz zum vorangegangen Quartal; denn im 1. Quartal 2008 waren die Mietpreise noch stark angestiegen, nach starken Schwankungen durch das ganze Jahr 2007 hindurch.

Der Mietpreisindex für Appartements hat sich kaum merklich verändert: +0,15%. Nach bisher vorangegangenen fortwährendem quartalsweisen Anstieg zeichnet sich eine Stabilisierung des Marktes ab.
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Dienstag, 2. September 2008

Die Arbeiter

Noch nie hat es in Luxemburg so viele Arbeiter gegeben wie heutzutage; das Gerede von Dienstleistungsgesellschaft, von nivellierter Mittelstandsgesellschaft oder von Wissensgesellschaft hin oder her.

Doch ab 1. Januar 2009 gilt in Luxemburg das „statut unique“. Dann gibt es zumindest sozial- und arbeitsrechtlich nicht mehr „ouvrier“ und „employé privé“, sondern nur noch „salariés“.

 

Mit diesem Begriffswechsel ist ein Mentalitätsänderung verbunden, die auf eine Geschichte von Industrialisierung und Klassenkämpfen zurückverweist, von Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung und politischen Richtungen wie Sozialismus, Kommunismus und Syndikalismus.

1848 veröffentlichte Wilhelm Heinrich Riehl eine Volksrede über „Die Arbeiter“. Vormals ein ganz harmloses, trockenes Wort, sei dieser Ausdruck in neuerer Zeit zu einem Schlachtruf geworden.

Riehl, der 1854 zum "Oberredakteur für Preßangelegenheiten des kgl. Hauses und des Äußeren" in München avancierte, galt schließlich dermaßen als Experte, dass er 1856 vom bayrischen König den Auftrag bekam, alle Anstalten und Maßregeln der deutschen Staaten zur sozialen Reform und Bekämpfung des Proletariats aufzuzeichnen.

Was sei denn nun ein solcher Arbeiter, fragte er sich. Spöttisch vermerkt Riehl die historische Anekdote, dass die Polizei in Paris am. Juni es genau wissen musste. Denn hatte sie doch den Befehl erlassen, dass jeder „Arbeiter“ von 6 bis 12 Uhr vormittags zu Hause bleiben musste, damit die Beamten in einer Von-Haus-zu-Haus-Kontrolle alle registrieren konnten.

Die historische Fährte führte Riehl also nach Paris:
„Arbeiter“ ist deutsch für „ouvrier“.
Wie daher auch das Kleid des echten Arbeiters eine Bluse sei.
Nach dem Vorbild der Pariser Junikämpfe werde dem „Arbeiter“ der „Bürger“ gegenübergestellt.

Nicht die Arbeit schlechthin mache also den Arbeiter zum Arbeiter (dann wären alle anderen folglich Faulenzer!), sondern die besitzlose, unselbständige Arbeit.

„Es wäre also nach all diesen Einschränkungen der besitzlose, sozial fessellose, industrielle und gewerbliche Handarbeiter der Mann, welchen man den Arbeiter nennt.“

„Die Arbeit ist des Arbeiters einziger Besitz.“

Zum Schluss seiner Rede über die Arbeiter entwickelte Riehl, der heute noch als ein Konservativer und gar Begründer der Volkskunde in Deutschland gilt, ein paar ganz drollige Ansichten über den Adel der Arbeit und die Demut, die dem Arbeiter gut zu Gesicht stünde, wenn er sie denn nur hätte. Und über die schlimmen Demagogen, die ein paar unvermeidliche soziale Härtefälle ausnützen würden für ihre politischen Machenschaften. Woraus man wieder einmal ersieht, dass demagogische Argumentationslinien nie völlig altmodisch werden. Man muss sie nur immer wieder neu aufpolieren.

Wilhelm Heinrich Riehl, „Die bürgerliche Gesellschaft“, Stuttgart 1930 (zit. nach „Wegbereiter des deutschen Sozialismus“, hrg. von Dr. Erich Thier, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1940)
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Gegen angedrohte Verschlechterung des SAS Kollektivvertrags

OGBL Syndikat Gesundheit und Sozialwesen mobilisiert

 

Die für den 1. Januar 2009 fällige Gehaltserhöhung im Sektor Gesundheit und Pflege um 1,5% wollen die Arbeitgeber ausfallen lassen. Einfach so!

Stattdessen wünschen sie ein willkürliches Bewertungsverfahren einführen. Dessen Kriterien, so vollmundig wie „Kreativität“ und „Flexibilität“, lassen sich so wenig objektivieren, wie sie der subjektiven Willkür von Vorgesetzten Tür und Tor öffnen.

Die im OGBL Berufssyndikat „SANTÉ, SERVICES SOCIAUX ET ÉDUCATIFS“ organisierten Personalvertreter fordern stattdessen eine Vergütung auf Basis der vom jeweiligen Beschäftigten eingebrachten Berufsqualifikation, die im Regelfall durch ein Diplom bescheinigt ist. Eine vernünftige Gehälterpolitik muss sich an solch objektiv nachweisbaren Investition in die eigene Qualifikation orientieren.

Am Mittwoch, den 15. Oktober 2008, 19.30 Uhr ist zum Kollektivvertrag SAS eine Kundgebung in der Mehrzweckhalle in Esch-Lallingen (Boulevard Hubert Clement) angesetzt.

EGCA, SAS Kollektivvertrag

Entente: Kollektivvertrag

"Konflikt 2"
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Montag, 1. September 2008

Was der „Volksfreund“ von Luxemburg weiß

Er nennt sich ein „Freund des Volkes“. Auffällt der „Trierische Volksfreund“ jedoch durch eine Sichtweise auf Luxemburger Verhältnisse, die sich auf dümmstem Niveau der womöglich bei vielen uninformierten Deutschen verbreiteten Vorurteile sowie dem in deutschen Medien (wie etwa der BILD-Zeitung ["HarzIV-Betrüger. Luxus-Leben auf Teneriffa". BILD 30.8.2008] grassierendem Sozialneid bewegen.

 


Offenkundig wurde diese ideologisch verstellte Sicht etwa durch die tolle Schlagzeile Anfang des Jahres, dass Luxemburg Millionen Euros an Kinderbonus an die Grenzgänger verteile. Dass der Kinderbonus nichts anderes ist als der bar ausgezahlte Kinderfreibetrag, also dass den Beschäftigten aus der linken Tasche herausgeholt wird, was in die andere gesteckt werden soll, fiel dem „Volksfreund“ bei dieser Sensationsmeldung leider unter den Tisch.

Wie L’Essentiel heute meldet, ist bis heute bei manchen Grenzgängern dieser Kinderbonus bis heute nicht auf dem Konto angekommen – obwohl ihnen seit 1.1. dieses Jahres der Kinderfreibetrag bei dem Lohnsteuerabzugsverfahren nicht mehr berücksichtigt wird! So die Ideologie, aber so die Realität!

Am vergangenen Wochenende hat nun Bernd Wientjes entdeckt: „Im Ländchen geht die Angst um“, nämlich die Angst vor der Inflation.

„Das ohnehin schon höhere Lohn- und Gehaltsniveau wird durch die zunehmend in die Kritik geratene Anpassung an die Preisentwicklung (Indexerhöhung) weiter nach oben getrieben.“

Der Grenzgänger reibt sich die Augen und wundert sich. Von welchem Luxemburg mag hier wohl die Rede sein?!

Die Indexerhöhung, die im Juni 2008 fällig wäre, ist erst zum März 2009 geplant. Die Luxemburger Regierung hat unverkennbar die Absicht, die durch die Inflation notwendig gewordenen Gehaltssteigerungen auszusetzen bzw. ersatzlos zu streichen.

Luxemburgs Beschäftigte haben in der letzten Zeit eine Reallohnsenkung hinnehmen müssen; freilich nicht in dem Maße, wie sie Deutschland aufgrund seines staatlich verordneten Ausweitung seines Niedrigstlohnsektors erlitten hat.

Angeblich stört Luxemburgs Beschäftigte diese „staatlich verordnete Gehaltserhöhung um 2,5%“ ganz gewaltig. Oder ob sich der Herr Redakteur da nicht gehörig vertan hat?! Mit wem er darüber wohl gesprochen haben wird?

Vermutlich zöge er es vor, dass Luxemburgs Beschäftigte anständige Streiks hinlegten wie deutsche Gewerkschafler bei der Bahn AG und bei der Lufthansa. Damit auch die Luxemburger Unternehmensleitungen einsehen lernen, was sie an kampfstarken Gewerkschaften haben.

Bernd Wientjes, „Im Ländchen geht die Angst um“, TV 30./31. August 2008, S. 6

Wer arbeitet, soll die Zeche zahlen!
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