Donnerstag, 21. April 2011

Klerikale gegen Meinungsfreiheit auf Busfahrzeugen

"Vornehmlich aus kirchennahen Kreisen wird Druck gemacht, damit die AHA-Werbung von den Bussen verschwindet. Und zwar direkt auf die Überbringer der Botschaft, nämlich die Busunternehmen. Wie uns Pascal Dickes von der „Fédération Luxembourgeoise des Exploitants d‘Autobus et d‘Autocars“ gestern bestätigte, mussten sich die Unternehmer seit dem Start der Kampagne eine „ganze Reihe von Reklamationen“ von Pfarrverbänden oder Leuten anhören, bei denen die Kampagne auf „größte Retizenz“ stößt. Verschiedentlich soll den Transportunternehmen sogar mit Boykott gedroht worden sein, wie das „tageblatt“ gestern berichtete. Was der Sprecher der katholischen Kirche in Luxemburg, Théo Péporté nicht nachvollziehen kann."

Die Grenzen der Meinungsfreiheit. Lëtzebuerger Journal, 21.04.2011.

Die Lebenslüge von Theologen behauptet, dass eine Gesellschaft zu ihrer Kohäsion eine Religion benötige. Von dieser Kernthese waren selbst noch Philosophen wie Hegel oder der US-Soziologe Talcott Parsons überzeugt; letzterer säkularisierte Religion dann zur notwendigen Voraussetzung eines Wertekonsenses der Gesellschaft.

Pierre Bayle (* 18. November 1647 in Le Carla, heute: Carla-Bayle, Département Ariège; † 28. Dezember 1706 in Rotterdam) war ein französischer Schriftsteller und Philosoph, der zusammen mit dem 10 Jahre jüngeren Fontenelle als zentrale Figur der Aufklärung gilt. Sein wichtigstes Werk ist das Dictionnaire historique et critique. Bayle war gezwungen, seine Heimat verlassen, weil er mehrmals seine Religionszugehörigkeit gewechselt hatte. Er hat viel darüber nachgedacht und viele Bücher gelesen und im Auslande selbst darüber geschrieben.

„Pierre Bayle bereitete nicht nur dem Materialismus und der Philosophie des gesunden Menschenverstandes ihre Aufnahme in Frankreich durch die skeptische Auflösung der Metaphysik vor. Er kündete die atheistische Gesellschaft, welche bald zu existieren beginnen sollte, durch den Beweis an, daß eine Gesellschaft von lauter Atheisten existieren, daß ein Atheist ein ehrbarer Mensch sein könne, daß sich der Mensch nicht durch den Atheismus, sondern durch den Aberglauben und den Götzendienst herabwürdige.“ [Marx/Engels: Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. S. 254 f. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 1085 f. (vgl. MEW Bd. 2, S. 134 f.)]

Wie man aktuell wieder in Nigeria im Falle des Bürgerkriegs zwischen Christen und Mohammedanern erlebt, ist der Glaube an Christus oder an Mohammed keinerlei Garantie dafür, dass Menschen friedlich und vernünftig zusammen leben.

1 Kommentar:

meffo hat gesagt…

Man kann auch nicht einfach sagen, dass Religion nichts weiter eine Erfindung der Regierung sei, um ihre Untertanen an der Kandare zu halten. So hat Bayle an Beispielen aus der Geschichte festgestellt, dass durch Religion auch die Herrschenden unfrei werden:

"Wenn das, was die Gottlosen höchst fälschlich behaupten, wahr wäre, daß nämlich die Religion lediglich eine menschliche Erfindung sei, die von den Herrschern eingeführt wurde, um das Volk unter dem Joch des Gehorsams zu halten, müßte man dann nicht zugeben, daß die Fürsten als allererste in ihre eigene Falle getappt wären? Denn weit davon entfernt, daß die Religion sie zu Herren über ihre Untertanen machte, unterwirft sie die Religion im Gegenteil ihren Völkern in dem Sinne, daß sie verpflichtet sind, nicht die Religion zu haben, die ihnen die beste zu sein scheint, sondern die ihres Volkes. Und wenn sie einer von dieser verschiedenen Religion anhängen wollen, so hängt ihre Krone an einem seidenen Faden." (Pierre Bayle: Historisches und kritisches Wörterbuch. Zweiter Teil der Auswahl. Übersetzt und herausgegeben von Günter Gawlick und Lothar Kreimendahl. Felix Meiner Verlag Hamburg 2006. ISBN 13-978-3-7873-1786-8.) S. 30.