Donnerstag, 10. März 2011

Die EU als Lohndrücker-Einrichtung und Prekarisator

Öffentliche Aufträge ab einer bestimmten Größenordnung müssen Eu-weit öffentlich ausgeschrieben werden. Und das alle paar Jahre wieder. Mit diesem Instrument erreicht die EU-Kommission, dass die Bieter-Unternehmen, die die Großaufträge ergattern wollen, auf jede erdenkliche Weise ihre Kosten zu senken versuchen. Und regelmäßig werden sie hierzu bei den bisher von ihnen gezahlten Löhnen fündig. Das Unternehmen hingegen, das den bisherigen EU-Auftrag verliert, kann seine Pforten schließen und seine Beschäftigten entlassen.

So hat die größte Luxemburger Sicherheitsfirma "Group 4 Security" (G4S) die EU-Ausschreibung in diesem Jahr gegen die belgische Firma Cobelguard verloren und darf deswegen jetzt 173 Beschäftigte entlassen.(1)

Dies ist nicht der erste Fall dieser Art in Luxemburg. So wurde auch vor einigen Jahren euroscript sarl, eine Tochter der Saarbrücker Zeitung bzw. des Holtzbrink-Konzerns, "schlank" gemacht. Der EU-Auftrag, den sie damals verloren hatte: EU-Ausschreibungen zu publizieren.

Den Beschäftigten, die der neue Auftragnehmer aufgrund des erhaltenen Auftrags neu einstellen wird, muss gesagt werden, dass der Auftrag in fünf Jahren erneut ausgeschrieben wird - wohl wieder zu herabgesetzten Konditionen.

Laut Luxemburgs Arbeitsrecht kann jedoch eine Befristung von Arbeitsverträgen maximal auf zwei Jahre vorgenommen werden; ansonsten gehen sie automatisch in unbefristete über.

Quelle:

(1) (vb), Sicherheitsdienst: 173 Arbeitsplätze auf der Kippe. Luxemburger Wort, 9. März 2011.

Binnen drei Wochen sollte Cobelguard den Auftrag übernehmen. Doch wie Véronique Poujol berichtet, verfügt der Aufragnehmer lediglich über ca. 50 Beschäftigte in Luxemburg; zur Ausführung des EU-Auftrag bräuchte es jedoch 185 ausgebildete und zugelassenes Sicherheitsfachkräfte.

Vermutlich hatte der neue Auftragnehmer damit gerechnet, das Personal des Konkurrenten zu den Dumpinglöhnen, wie sie seinem Ausschreibungsangebot offensichtlich zugrunde liegen, zu übernehmen. Die Wette scheint indes so nicht aufzugehen. Denn der Konkurrent G4S will das Personal nicht abgeben, das er mit eigenen Mitteln ausgebildet habe, damit es den Luxemburger Standards entspreche.

G4S hat Cobelguard auch schon mal vor Gericht gebracht, weil letzteres Unternehmen keine Sicherheitszentrale vorhalte, die Luxemburgs gesetzliche Auflagen erfülle.

Laut Angabe von Véronique Poujol geht aber der fragliche EU-Auftrag nicht über fünf, sondern lediglich über drei Jahre.

Véronique Poujol: Gardiennage. Imbroglio. d'Land, 11. März 2011, S. 15.

Die Gewerkschaft Syndicat Services et Energie innerhalb des OGBL fühlt sich indes durch das Auftreten der Patronatsvereinigung Fedil Security Services gegenüber dem Aufragsvergeber EU verhöhnt. Wenn es den Unternehmen wirklich um die sozialen Rechte und bessere Arbeitsbedingungen gehe, so hätte es diesen schon längst freigestanden, diese in den Kollektivverträgen anzuerkennen bzw. die dort verankerten Rechte auch umzusetzen und nicht am Arbeitsrecht vorbei den Beschäftigten vorzuenthalten. Die Gewerkschaft hält es für eitle Hoffnung, auf ein Umdenken bei der "ultra-liberalen" EU-Kommission zu setzen und ruft vielmehr die Beschäftigten dazu auf, den Kampf um bessere Kollektivverträge zu verstärken.

Entreprises de sécurité et de gardiennage: Les dindons de la farce: toujours les salariés OGBL, 28. März 2011.

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