Mittwoch, 16. April 2008

Luxemburgs Mobbingkultur

 

Neben dem Kanton Luxemburg wohnen im Kanton Capellen die meisten der oberen Zehn Prozent in der Luxemburger Gehältertabelle, bzw. ökonomisch formuliert: Einkommensverteilung. So erfuhrern wir jüngst aus der Studie von Frédéric Berger vom CEPS/INSTEAD, Coup de projecteur sur les « hauts revenus » au Luxembourg.

Überraschenderweise kommt in Capellen auch eine "Unabhängige Wochenzeitung für Luxemburg" heraus, , das man im Allgemeinen wohl als ein Skandalblättchen oder zutiefst populistisch bezeichnen würde ("populistisch" im abwertenden Sinne, nicht so, wie Regierende wie Berluscone gerne wären bzw. sind).

Normalerweise lohnt sich über solche Boulevard-Literatur kein Wort zu verlieren, so wenig es sich lohnte, über die Wortbildungen des "Feierkrop" sich aufregen zu wollen oder seine sprachliche Missbildungen. Es spricht eher für die Streitbarkeit des Maître Gaston Vogel, dass er es dennoch tut, nach dem Motto: Gleiches Recht auch für den Feierkrop.

Was ich während meines Studiums von Karl Popper und Hans Albert indessen gelernt habe, was aber auch andere Wissenschaftler vor ihnen gewusst haben, das ist:
Die Wahrheit einer Behauptung ist unabhängig davon, wer diese Behauptung aufgestellt hat, d.h. unabhängig von der Quelle oder von ihrem jeweiligen Ursprung.

Denn manchmal trit die Wahrheit an den Tag, wo sie will. Und so findet sich manch Wahres wohl in dem Artikel von Luigi de Stapehanis, Wie feige sind die Luxemburger? Der Luxprivat-Reporter berichtet, dass viele Einwohner an das Blättchen herantreten mit Beschwerden oder Informationen, aber nur hinter vorgehobener Hand. Niemand möchte sich persönlich dabei exponieren. Hauptsächlich aus Angst um den Arbeitsplatz. Womit wir beim Thema "Mobbingkultur Luxemburg" wären.

Es ist wohl nicht von ungefähr, dass sowohl OGBL wie LCGB spezielle Agenturen für die Beratung von Mobbingopfern einrichten mussten. Die Regierung suchte zwar abzuwiegeln, wird aber auf Dauer nicht um die Vorlage eines besonderen Anti-Mobbing-Gesetzes herumkommen. Aufsehen erregte die Nationalbibiothek, die 5 Jahre lang ohne ordentliches Disziplinarverfahren einen Mitarbeiter (bei vollem Gehalt!) vom Dienst suspendierte, vermutlich nur, weil er anständig aufmüpfig war. Jetzt wurde ihm für die Verweigerung zu arbeiten Schadensersatz zugesprochen. Man könnte lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre! Auch der Zentralbankschef wähnt, dass diese eine arbeitsrechtfremde Zone sei, und legte sich mit der Personalvertretung an. Bei den Banken sieht es wohl nicht besser aus, worauf schon die Zahlen über ungesetzlich abgeforderte Überstunden spricht. Allerdings scheint der Druck derzeit noch nicht so hoch zu sein wie in der Schweiz oder in Frankreich, dass es in diesem Sektor zu Selbstmordfällen gekommen wäre. Es paast ins Bild, wenn insbesondere die handelskammer eine Dauerkampagne gegen das Krankfeiern führt. Immer wieder bringt sie als Einwand gegen die Einführung des Einheitsstatuts vor, das 1. natürlcih nichts kosten darf, und 2. mehr Überwachungsmöglichkeiten bei den Krankfeiernden, insbesondere bei den Grenzgängern, vorsehen müsse. Wer ein solches Misstrauen gegen seine Mitarbeiter hegt, dem ist Mobben natürlich eine alltägliche Lebensäußerung.

Es passt dann wunderbar ins Bild, dass Luxemburg auf die Finger geauuen bekam von Brüssel, weil es die Direktive gegen die Geldwäsche so wischi-waschi umgesetzt hat, dass es effektlos verpuffen muss. Nicht nur sind die Sanktionsmöglichkeiten gegen Unternehmen denkbar gering bzw. Papiertiger. Auch der Schutz der Whistle-blower, also derjenigen Mitarbeiter, die die Gesetzesverstöße des eigenen Unternehmens den Strafverfolgungsbehörden oder den Medein melden, ist nicht gewährleistet. Hierdurch wird ganz gezielt die Zivilcourage der mitwissenden Mitarbeiter überfordert.

So ist also der Eindruck wohl nicht ganz verkehrt, dass Luxemburg nicht nur eine Mauschelkultur hat (gezielt aufrecht erhalten durch eine Geheimsprache; Einwanderer sollten dankbar sein, dass sie diese Geheimsprache ebenfalls lernen dürfen!). Es gibt auch eine Mobbingkultur, womit Dissidenten kurz gehalten werden. Wie in Deutschland zur Adenauerzeit, oder unter McCarthy in den USA (unter Hitler kannte man die "Kulturbolschewisten" wie Erich Kästner und Egon Erwin Kisch, ..), so gibt es auch hier immer wieder "Nestbeschmutzer". Sie laufen gefahr, als Außenseiter isoliert zu werden. Wenn sie seelisch unter dem Konformitätsdruck zugrunde gegangen sind, ist es dann leicht, diese Kritiker als psychisch abnormal, notorische Querulanten oder arme Spinner abzuqualifizieren. Denn die Mehrheit hat immer recht.

Vielleicht ist diese Angst übertrieben. Aber es ist schon merkwürdig, dass man dieses Problem in einem abseitigen Blättchen formuliert findet, und nicht in den Flaggschiffen der nationalen Presse.
Posted by Picasa

1 Kommentar:

meffo hat gesagt…

Deutschlands Mobbingkultur

Verärgerte Politiker, Medien und Journalisten, Burkhard Schröder 15.04.2008
telepolis, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27731/1.html

"Zeit Online will einer freie Journalistin keine Aufträge mehr erteilen, weil sich ein Bundestagsabgeordneter über sie beschwert hatte. Ein Lehrstück über ungeschriebene Gesetze, die das Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten (nicht) regeln."

# Verärgerte Politiker, Medien und Journalisten
Zeit Online will einer freien Journalistin keine Aufträge mehr erteilen, weil sich ein Bundestagsabgeordneter über sie beschwert hatte. Ein Lehrstück über ungeschriebene Gesetze, die das Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten (nicht) regeln.
Quelle 1: Telepolis
Quelle 2: Dazu die Stellungnahme von ZEIT online
http://www.nachdenkseiten.de/?p=3157#more-3157