Samstag, 27. Januar 2007

Der Mindestlohn in Luxemburg und anderswo

Luxemburgs Gesetz aus dem Jahre 1944 stellt ein wirksames Mittel gegen die Erosion des Arbeitsmarktes dar

Der Abbau der internationalen Handelsbeschränkungen und die EU-Erweiterung haben die Marktmacht der Arbeitgeber so sehr gestärkt, dass überall ein massiver Druck auf das Lohnniveau ausgeübt wird. Es sind kaum noch Reallohnsteigerungen zu verzeichnen.
Wo keine Gewerkschaft die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer bündelt, ist der einzelne Arbeitsuchende zunehmend schutzlos der Willkür der Gegenseite ausgeliefert, die immer weiter gehende „Flexibilisierung“ fordert.

Faktisch heißt dies aber Prekarisierung der Arbeitsplätze.
Eine Beschäftigungsstrategie, die auf die zunehmende Prekarisierung der Arbeitsplätze setzt, steht auch in flagrantem Gegensatz zu der EU-offiziell verkündeten Lissabon-Strategie, die die Produktivität der Arbeit steigern will, indem verstärkt in die Qualifizierung der Arbeit investiert werden soll (Stichwort „Wissensgesellschaft“).

Der in Luxemburg gesetzlich eingeführte Mindestlohn garantiert jedem Arbeitnehmer ein gewisses Minimum, das er zum Lebensunterhalt benötigt und über das er daher (in der Regel) nicht besonders zu verhandeln braucht.
Denn wirtschaftlich gesehen muss auch die Arbeitskraft in der Lage sein, sich zu reproduzieren, d.h. die Kosten seiner Entstehung (Familienleistungen, Bildung und Ausbildung, Wohnen, usw.) wieder durch das Ergebnis seiner Arbeit einzuspielen.

Da eine ökonometrische Analyse in Luxemburg bislang immer noch mit den amtlichen Daten der Sozialversicherung auskommen muss, die aber zu ganz anderen Zwecken und mit anderen Kategorisierungen gesammelt werden, lässt sich schwerlich beweisen, dass durch den Mindestlohn Beschäftigung verloren gehe, wie das manch ein Arbeitgeberverband gerne behauptet.

Es lässt sich indes relativ leicht nachweisen, dass Mindestlohn vor allem konzentriert bei benachteiligten Gruppen am Arbeitsmarkt zu verzeichnen ist, nämlich bei Unqualifizierten, bei jungen und älteren Arbeitnehmern, bei Frauen, bei Zeitarbeit und Teilzeitverträgen sowie bei befristeten Verträgen (CDD).

Es dominiert der Mindestlohn in Branchen wie der Gastronomie, dem Einzelhandel sowie dem Reinigungsgewerbe sowie vor allem in Kleinunternehmen.

Ob durch den Mindestlohn Beschäftigung verloren geht, hängt grundsätzlich davon ab, wie ein bestimmtes Unternehmen auf den dadurch gestalteten Arbeitsmarkt reagiert.
Die Unternehmen können Produktion einschränken oder ganz vom Markt gehen; sie können aber durch andere Strategien als die der Lohnkürzung danach streben, die Produktivität der unteren Lohngruppen zu steigern.

Wenn die Unternehmen die Strategie der Produktivitätssteigerung als Antwort auf die gesetzliche Norm des Mindestlohns wählen, so liegt dies voll in der Linie der Lissabon-Strategie.

Vielleicht kann Deutschland hier noch einiges vom Großherzogtum lernen!

Weitere Informationen:

Teoman Pamukçu, Étude de l’impact du salaire social minimum sur l’emploi et les salaires au Luxembourg, Perspectives de Politique Économique, No.2 März 2005,

zu bestellen unter beatrice.barthel@eco.etat.lu

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