Montag, 8. Januar 2007

IVL: Mehr Einwohner oder mehr Grenzgänger?

Verkehr und Flächennutzung sollen in Zukunft mehr geplant werden.
Szenarien warten auf ihre koordinierte Umsetzung.

IVL (ein derartiges Wortungetüm kann man nur aus Deutschland beziehen: Integratives Verkehrs- und Landesentwicklungskonzept) ist das neue Planungsinstrument, das im Großherzogtum endlich verbinden soll, was zusammen gehört: Wohnen und Arbeiten, Verkehr, Erholung und Umweltschutz. Planungstechnisch ist es das Bindeglied zwischen dem Raumordnungs- und Flächennutzungsplan und den sektoriellen Plänen.

Bislang hatten in diesem Bereich die einzelnen Gemeinden, andere verschiedene staatliche Stellen sowie private Bauträger das Sagen, was zu entsprechendem Wildwuchs und vielerlei Ungereimtheiten geführt hat. Bevor Luxemburg ganz zersiedelt wird und ins urbane Chaos versinkt, soll jetzt von staatlicher Seite energisch gegengesteuert werden.

Es sollen vitale regionale Zentren geschaffen werden, auch außerhalb der Stadt Luxemburg. Symptomatisch für die Stadt ist, dass dort nach 25 Jahren immer noch etwa gleich viele Menschen wohnen wie zuvor, obwohl die Arbeitsplätze und die Wohnbevölkerung andernorts im Großherzogtum rapide angestiegen sind. Die vorgesehenen regionalen Zentren sind insbesondere die Minetteregion („Südstadt“ mit der Konversionsfläche Belval-West) und die Nordstad (Ettelbrück-Diekirch).

Im Jahre 2002 kamen im Zentrum Süd 1.080 Arbeitsplätze pro 1.000 Einwohner, im Zentrum Nord 450, im Süden 380, im Westen 300, im Norden 480 und im Osten 360.

Dieses Ungleichgewicht, das natürlich auch starken Einfluss auf Wohnsituation und Verkehr hat, soll künftig im Hinblick auf Bevölkerungsdichte und Gestaltung von Hauptverkehrsachsen durch das gesamte Land einem optimalen Verhältnis näher gebracht werden.

Dazu soll insbesondere der öffentliche Nahverkehr stärker ins Spiel gebracht werden.

Dass dieses unumgänglich ist, wird sofort klar, wenn man sich die projizierten Wachstumsraten der Volkswirtschaft sowie des Arbeitsplatzangebots vor Augen führt. Optimisten gehen für das Jahr 2020 von 395.000 Arbeitsplätzen aus (derzeit zählt Luxemburgs Bevölkerung insgesamt 451.600 Personen).

Die Frage stellt sich daher: Woher sollen die Beschäftigten kommen (insbesondere, da die Wohnbevölkerung von sich aus nur schwach zunimmt)?

· Dazu gibt es ein Pendler-Szenario: Demgemäß werden 91.000 der neu verfügbaren Arbeitsplätze von Grenzgängern besetzt. Die Zahl der Grenzgänger ging dann hinauf auf 168.000, die der Einwohner auf 511.000.

· Im Einwohner-Szenario werden lediglich 40 % der verfügbaren Arbeitsplätze mit Grenzgängern besetzt; sie erreichen damit nur noch die Marke von 136.000. Die Bevölkerung müsste demnach vor allem durch Zuzug auf 561.000 steigen.

Was kommt? Was ist besser? Welchen Weg man wählt bzw. wohin man auch drauf zusteuert, man muss sich die besonderen Implikationen für die benötigte Infrastrukturen deutlich machen: Mehr Wohnungen, mehr Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, mehr Verkehrsangebote, etc. pp.

Denn sowohl für Luxemburger wie auch für die Grenzgänger, die aus dem System der sozialen Absicherung im Großherzogtum Nutzen ziehen, bleibt die große Frage gestellt:

Woher kommen die, die später meine Rente zahlen sollen?

Quelle: „ABSCHIED VON DER VERGANGEHEIT. IVL:. Neue Konzepte für Luxemburgs Zukunft“,
forum für Politik, Gesellschaft und Kultur, Nr. 238, Juli 2004,


<<< euroluxembourg.lu

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